DIE ESSENZ DER FEIGEN

Die Feigen sind botanisch seltsam, denn sie blühen nur im Geheimen, was sie zur scheinfruchtigkeit degradiert. Oh ja, die Feigen haben durchaus das eine oder andere Gute an sich. Und in sich. Sie halten den Blutzucker unter einer Kontrolle. Dasselbe gilt für den Blutdruck. Zudem sind sie hilfreich, wenn sich die Verdauung regt. Sagt meine Erinnerung. Dennoch - ich mag die Feigen nicht.
Sie tauchen in grosser Menge oder konzentriert in einem Unternehmen auf. Welch eine Zumutung für die Menschheit.
Die Feigen sind Kapitulisten. Punkt. 

Ja, wir sind alle irgendwann den Feigen zugehörig. Das weiss und fürchte ich ja und zwar extrem persönlich.
Vor allem in dieser jetzigen brenzligen Zeit sind die Feigen einfach zu schädlich für die Zukunft des Planeten. Es ist ja nicht so, dass die Feigen prinzipiell Schlechtes tun. Nein, sie tun oftmals nichts. Oder nicht viel, ausser sich wegzuducken. Oder zu schweigen, wenn sie aufstehen sollten. 

Ja, die Feigen fürchten den Mut. Denn der lässt sie ziemlich schäbig erscheinen. Die Mutigen und die Feigen kennen sich auch kaum. Wo der Mutige auftritt, ist der Feige kaum zu sehen.
Das Dilemma zweiundneunzig Jahre nach dem Beginn der Nazizeit in Deutschland ist, dass die Feigen wieder aus allen Winkeln der menschlichen Art hervortreten. Nein, nicht pompös und lautstark auf die Weltbühne, sondern mickrig klein und schleimig-schleichend aus den Rockfalten von Diktatoren und Faschisten. 

Und das ist das Gefährlichste der Demokratie. Nicht die Populisten, Nazis und Faschisten. Die sind nur die Angreifer und charakterlich eher feige drauf. Nein, diese Mehrheit an Schweigenden, die sich dem Pöbler nicht in den Weg stellen. Diese Feigen machen mir wirklich Angst. Denn wenn ich aufstehe, dann hoffe ich inständig, dass viele andere ebenfalls aufstehen. Und umgekehrt. Ich bereite mich innerlich auf Situationen vor, die keinen Platz für die Feigen haben sollte. 

Ja, ich verstehe die Angst, mit denen wir Feigen zu kämpfen haben. Wir haben Angst vor Repressalien, vor Bedrohungen, vor Schmähungen und vor gesellschaftlicher Ächtung, wenn wir für andere Menschen und für die Demokratie aufstehen und Widerstand leisten. 

Das sind alles keine Lappalien, die uns von den Feigen zu den Mutigen bewegen lassen. Ich weiss.
Noch immer steckt dieses miese, stinkige Gefühl in meinen Knochen, als ich mich gegen den Rüpel Maurizio nicht in den Weg gestellt habe. Ich habe nicht auf Stimmen wie Lisa, Vittorio oder Tiffany gehört. Ich war einfach nur ängstlich und in Panik.
Ich habe mir geschworen — weil sonst niemand da ist, auf den oder die ich schwören möchte — dass ich eine solch toxische Situation nicht mehr schweigend und duldend erleben will. Und das ist für Motivation genug, dass ich das Feige in mir in den Hintergrund katapultieren kann. Es ist nicht einfach, aber einfach nötig. Punkt. 

Wenn die Feigen zur Minderheit werden, dann haben wir, die Menschheit, eine enorm gute Chance, uns den Widersachern der Menschlichkeit entgegenzustellen und die Welt wieder gerecht und lebensfreudig zu gestalten.

Dann noch die neuste Nachricht über die Feigen in den USA. Einer der ganz grossen im Late Night Host Business heisst Jimmy Kimmel. Ein Mann des Wortes und der Action, der sich nie den Mund verbieten liess. Seine scharfen Kommentare zu Beginn jeder Show sind bemerkenswert für das Publikum und ätzend-schmerzend für Möchtegern-Diktatoren. Ja, das orangene Monstrum im Weissen Haus ist gemeint. Und dieser aufstrebende Faschist fühlte sich wieder Mal auf den viel zu langen roten Schlips getreten und hat nun das grosse Medienhaus ABC gezwungen (nicht gesetzlich, sondern mit reiner Pöbelei), dass die Jimmy Kimmel Show ausgesetzt wird.
Nach Stephen Colbert, der andere grosse Late Night Host, hat er sich Kimmel entledigt. Was für ein kümmerliches Baby, dieser Donald Jessica Trump. Ja, die Hofnarren im Königshaus Trump sind nicht erwünscht, denn die könnten das so sensible Seelenleben des Orangen etwas betupfen. 

Und die Feigen schweigen. 

Nein, nicht alle, aber die grossen Medienhäuser wie ABC, CNN, NBC und andere kommen ihren Pflichten als Journalisten sprich der freien Presse in keiner Weise mehr nach. 

Und wie geht es dir, Amerika, the Land of the Free? Gute Besserung.