KEINE KETTEN

21. Okt 2025,

KEINE KETTEN
KEINE KETTEN

Thornton Blackburn war der erste Taxi-Anbieter in Toronto. Er war ein versklavter Mann in den Vereinigten Sklaven von Amerika – bis zum Jahr 1837.

Thornton wurde als Dreijähriger in die Sklaverei verkauft. Er wuchs in Kentucky in Zwangsarbeit und Armut auf. Später gelang ihm die Flucht, doch in Detroit, Michigan, wurde er erneut verhaftet.
Das fanden die freien Schwarzen in Michigan nicht erbaulich: Sie stürmten das Gefängnis und befreiten die dort inhaftierten Sklaven.
Thornton schaffte es über die berühmte Underground Railroad bis nach Toronto.

Diese war kein physisches Eisenbahnsystem, sondern ein Netzwerk aus sicheren Häusern, geheimen Routen und mutigen Unterstützern, die versklavten Menschen halfen, aus den Südstaaten der USA zu fliehen. Im 19. Jahrhundert – insbesondere zwischen 1830 und 1865 – erreichten viele geflohene Sklaven Kanada, das damals als sicherer Zufluchtsort galt, weil die Sklaverei hier bereits 1834 abgeschafft worden war.

Sofort stellte die Justiz in Detroit einen Antrag an Kanada, Thornton Blackburn auszuliefern.

Kanadas Antwort war einfach, aber klar:
“Wir schicken Menschen nicht in Ketten zurück.” Punkt.

Kanada war für viele Sklaven die grosse Hoffnung und der sichere Hafen – ein Ziel, das Freiheit und Würde versprach.
Noch heute feiern wir jedes Jahr die legendäre Underground Railroad – im Gedenken an die mutigen, einfallsreichen Menschen von damals. Und heute? Amerikaner:innen flüchten wieder. Oder wollen es zumindest. Trans-Menschen verlieren den Zugang zu Gesundheitsversorgung und öffentlichen Räumen. Sport, Unterricht und ärztliche Betreuung werden ihnen verweigert. Eltern und Lehrkräfte werden kriminalisiert. Die systematische Unterdrückung im Jahr 2025 in den USA unterscheidet sich kaum von den Zuständen im 18. Jahrhundert.
Menschen werden für ihre blosse Existenz bestraft.

Auch heute noch – oder wieder. Und wie steht es um die kanadische Underground Railroad von heute? Düster. 
Zwischen den USA und Kanada gilt das Abkommen, dass die Vereinigten Staaten als „sicheres Herkunftsland“ gelten. Auf dem Papier. In der Realität ist die einst offene Grenze für Schutzsuchende aus den USA längst zu einer unsichtbaren Mauer geworden. 
Das Abkommen über das sogenannte „sichere Herkunftsland“ – die United States of America – ist heute Makulatur.
Unglaublich, gell?

Was soll die kanadische Regierung tun?

Nun, Kanada hat sich früher nicht gescheut, bestehende Verträge zugunsten von Schutzsuchenden zu brechen. Es kann nicht sein, dass wir Kanadier jedes Jahr stolz unsere historischen Taten im Namen der Menschenrechte feiern – aber heute, im 21. Jahrhundert, genau diesen Mut nicht mehr aufbringen.
Kanada soll wieder der sichere Hafen für alle Formen von Schutzsuchenden sein.

Mut besteht darin, Geschichte lebendig zu halten und Grenzen im Namen der Menschenrechte zu öffnen.

Heute schreibe ich an Premierminister Mark Carney und an mein Member of Parliament Sandra Cobena –
und erinnere sie an unsere Pflicht, das Vermächtnis der Underground Railroad zu ehren.
So viel Mut sollte doch vorhanden sein.
Heute, 2025.

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